Letzten Monat wurde das deutsche Fußballmuseum in Dortmund eröffnet. Eine willkommene Ablenkung für den DFB im anhaltenden WM-Skandal. Ich habe mich auf den Weg gemacht und dort nach Hinweisen über die „Schwarzen Kassen“ bei der Vergabe der WM 2006 gesucht.
Das Museum befindet sich direkt gegenüber vom Dortmunder Hauptbahnhof. Von außen wirkt es wie ein UFO. Eine LED-Anzeige an der Front zeigt aktuelle Informationen von Medienpartner Sky, brisante Infos zur gekauften WM kann man hier also eher nicht erwarten. Ich lasse mich trotzdem nicht abschrecken. Der ermäßigte Eintritt beträgt stolze 14 Euro. Das könnte ein erster Hinweis sein, die 6,7 Millionen von Dreyfuß müssen schließlich refinanziert werden. Beim Gang zur Garderobe springt einem das erste Beckenbauer Zitat ins Auge, „Geht’s raus und spielt’s Fussball!“; man versucht Geschlossenheit zu demonstrieren.
Mit der Rolltreppe geht es in den zweiten Stock, Zeichnungen zu den Bundesligavereinen zieren die Wände. Zu sehen gibt es für jeden Verein typische Symbole, das Stadion oder Fans in Montur. Bei Schalke ist es unter anderem Peter Lohmeyer im blauen T-Shirt mit der Aufschrift „Nichts ist scheisser wie Platz zwei“. Oben erreicht man den Ausstellungsraum der Geschichte von DFB und Nationalmannschaft – Bingo.
Der Raum ist nach Epochen aufgeteilt mit vereinzelten Sonderposten, zum Beispiel eine große Analyse über das Wembleytor. In der Mitte des Raumes findet sich eine überdimensionale 5, ein Schrein um dem Kaiser zu huldigen. Darin sind jede Menge Ehrungen, von Verträgen mit Jack Warner oder Ähnlichen jedoch keine Spur. Spiele wie eine Schreibmaschine zum Sepp-Herberger-Zitate raten, sollen die Besucher wohlmöglich vom Wesentlichen ablenken. Ein Brief von Adolf Dassler an selbigen, in welchem er die Innovation der neuen „Klötzchen“ für „Fußballstiefel“ vor der WM 54 erklärt, ist ein Indiz dafür, dass Adidas und der DFB sich heute so Nahe stehen. Beim Zeitstrahl wird auch Fußball in der Nazizeit behandelt und es gibt einen interessanten Videobeitrag über Fußball in Theresienstadt, dem damaligen Judenghetto. Diese Offenheit macht Mut, dass auch die Vergabe der WM lückenlos aufgeklärt wird.
Eine Wand zeigt die DFB-Präsidenten. Niersbach ist noch im Amt, von Skandal und Rücktritt keine Spur. Im Zeitstrahl geht es weiter. Im Jahr 2006 gibt es einen Videobeitrag zum Thema „Wie organisiert man eine Fußball-WM?“. Nach einigem Vorgeplänkel wird es interessant, Horst R. Schmidt, der bei seit über 40 Jahren bei der Organisation von internationalen Sportgroßereignissen dabei ist, wird gefragt was die pikanteste Aufgabe bisher war. Seine Antwort, die WM in Südafrika mit der schlechten Infrastruktur und der gerade erst überwundenen Apartheit. Bestechungsgelder werden nicht thematisiert. Es hilft nichts, ich frage einen Mitarbeiter. Die Frage nach Dokumenten zu den Dreyfuß-Millionen führt zunächst zu Irritationen und kann anschließend nicht bejaht werden.
Die Ausstellung schließt mit einem Rondell besonderer Exponate der vier siegreichen Weltmeisterschaften. Weiter zur Bundesliga geht is durch ein 3D-Kino. Dort ist Filmen und Fotografieren verboten. Nicht aber, weil Details über die WM-Vergabe gezeigt werden, sondern wahrscheinlich, weil die Nationalmannschaft um Kapitän Philip Lahm bei einer eher bescheiden schauspielerischen Leistung zu sehen ist. Sie führen den Zuschauer erneut durch die sportliche WM-Geschichte Deutschlands, was es nach dem oberen Ausstellungsraum nicht mehr unbedingt gebraucht hätte.
Zunächst werden in einem Vorraum noch einmal alle Trophäen der deutschen Nationalmannschaft gezeigt, der Raum dahinter ist den Trainern der Bundesliga gewidmet. Eine Wand zeigt außerdem einen Überblick der Entwicklung von Taktik und Aufstellungen. Danach folgt der Hauptraum zum Thema Bundesliga. Er ist nach ähnlichem Schema aufgebaut, Unterteilung in Epochen mit einzelnen Sonderposten. Es gibt eine extra Ecke zum DFB-Pokal und der Champions League. Sehr gut gefällt mir eine Wand, die Aktionen und Bewegungen von Fans zeigt, unter anderem „Pyrotechnik legalisieren“ oder „Kein Zwanni„. Daneben ist eine Ecke zum Thema Schiedsrichter. Hier gibt es wieder ein Mitmach-Spiel. Es werden Fußballszenen gezeigt und die Gäste sollen sie bewerten, frei nach dem Motto „Was it a Pfiff?„. Das Spiel ist gut umgesetzt, denn vorher wird nicht erklärt worauf zu achten ist. Foul, Abseits, Hand, alles ist dabei. So lässt das Spiel gut erahnen, wie kompliziert es für Schiedsrichter ist. Ich hab es eher ratend als wissend auf 3 von 5 richtige Antworten geschafft. Wolf-Dieter Ahlenfelder wird allerdings nicht erwähnt. Auf einer anderen Wand werden die bedeutenden Journalisten der Bundesliga vorgestellt. Hier hat auch „Intensivenachhaker“ und „Haargelverschwender des Jahres“, Alfred Draxler einen Ehrenplatz. Das Zeichen ist eindeutig, weitere Beweise sind in der Bundesligaetage nicht zu erwarten.
Auf dem Weg nach draußen gibt es aktuell noch eine Sonderausstellung zur deutschen Einheit und die letzten Spiele der DDR-Nationalelf. Natürlich verlässt man das Museum nicht, ohne durch einen obligatorischen Souvenirshop zu gehen. Im Adidas Fanstore gibt es Beckenbauer-Shirts. Komischerweise mit der Rückennummer 6, während er in der Ausstellung noch als die legendären Nummer 5 betitelt wurde. Möglicherweise ein letzter versteckter Hinweis auf die 6,7 Millionen. Meine Recherchen dauerten insgesamt gut drei Stunden und konnten bedauerlicherweise keine abschließenden Beweise liefern. Das Museum ist einfach zu clever in seiner Aussendarstellung. Der Einfluss der Sponsoren ist spürbar, alles wirkt aalglatt und perfektioniert. Es gibt eine Vielzahl an außergewöhnlichen Exponate, sehenswerten Filmaufnahmen und kurzweiligen Spielen für Jung und Alt. Unten befindet sich auch ein „Käfig“ zum zocken und eine Snackbar mit überraschend humanen Preisen. Es werden Fragen zu diversen Themen beantworten, das Thema WM 2006 kann jedoch noch nicht endgültig Ad-Acta gelegt werden.
Mirkchief





