Stell dir vor es geht um Menschenrechte und deinen Verein interessiert es einen Dreck

Am vergangenen Wochenende fand in Nürnberg ein Kongress zum Thema Fußball und Menschenrechte statt. Es war eine wirklich gelungene Veranstaltung, doch über eine Sache muss leider erneut gesprochen werden. Die meisten Vereine waren nicht vor Ort.

Von 36 Profivereinen zeigten sich lediglich der FC St. Pauli, Fortuna Düsseldorf, der FC Augsburg, Darmstadt 98, der VfL Bochum und die TSG Hoffenheim. Diejenigen Vereine, die vor Ort waren schickten Mitarbeiter von Fanprojekten. Mit allem Respekt vor ihrer Arbeit im Bezug auf Gewaltprävention oder Antirassismus: Die Fanprojektmitarbeiter werden es schwer haben etwas bezüglich der großen Menschenrechtsverletzungen zu ändern.

Auf der Veranstaltung gab es einen Infostand eines Produzenten, der seine Bälle aus Fair-Trade-Handel herstellt. Warum nutzen Vereine diese Bälle nicht? Wenn schon nicht zum Trainieren, dann wenigstens beim Verkauf ihrer Merchandise-Produkte. Für 99 Euro wird zusätzlich ein wettkampftauglicher Ball angeboten. Der offizielle Ball der Bundesliga, Torfabrik, kostet 130 Euro und achtet nicht auf Fair Trade. Warum schreitet hier nicht die Bundesliga ein und macht fairen Handel bei der Ausschreibung des Spielballs verpflichtend?

Ein anderer wichtiger Punkt betraf Sportveranstaltungen in Ländern, welche die Menschenrechte missachten. Bei der Podiumsdiskussion wurden Trainingslager in Quatar und der Umgang einiger Bundesligisten damit kritisiert. Ein Trainingslager in einem teilweise menschenverachtenden Staat mit „anderer Kultur“ zu rechtfertigten ist eine Farce, vor allem wenn man die Leiterin des deutschen Ablegers der Sportabteilung von Transparency International im Vorfeld um Ratschläge bittet, diese dann jedoch konsequent ausschlägt. Dabei wird als Ausrede häufig missbraucht, Sport und Politik sollten getrennt betrachtet werden. Wenn sich jedoch die Wirtschaft erheblich in den Sport einmischen darf, dann muss die Politik das auch dürfen, so auch die Meinung von Jan-Michael Arend vom deutschen Institut für Menschenrechte.

Als Bundesligaverein trägt man eine gesellschaftliche Verantwortung und darf vor solchen Themen nicht die Augen verschließen. Doch scheinbar interessieren die meisten Vereine Menschenrechte nur, wenn man diese für Marketingzwecke nutzen kann.

Mirkchief

Dieser Kommentar erschien auch bei fanzeit.

Nachtrag: Auch der 1. FC Nürnberg war durch einen Vertreter auf dem Kongress anwesend. Zudem merkt Ben Praß, Fanbeauftragter des 1. FSV Mainz 05 gegenüber fanzeit an, dass der Verein keine Einladung zum Kongress erhalten habe. Das Thema Menschenrechte sei beim Verein sehr wohl von Interesse. 

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