Leicester City: „One Time, Baby!“ – Die 0,02-Prozent-Meisterschaft

Leicester City FC ist im Sommer 2014 als Championship-Meister in die Premier League aufgestiegen. In der ersten Saison stand man lange Zeit auf einem Abstiegsplatz. Kurz vor Saisonende konnte die Mannschaft allerdings eine erstaunliche Serie starten und verhinderte so den fast schon sicher geglaubten Abstieg. Seither wurde die Mannschaft nur punktuell verstärkt und ist trotzdem Tabellenführer in der Premier League. Die Meisterschaft wäre nicht nur eine unglaubliche Leistung, sondern könnte einigen optimistischen Fans viel Geld einbringen.

Am 30. Spieltag der Saison 2014/15 stand Leicester City mit 19 Punkten abgeschlagen auf dem letzten Platz der Premier League. Der Verein hatte sieben Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz und war bei den Buchmachern wahrscheinlich längst abgestiegen. Doch die Mannschaft startete eine außergewöhnliche Serie. Mit 7 Siegen aus den letzten 9 Spielen (inklusive eines Nachholspiels) konnte der Abstieg in letzter Sekunde verhindert werden. Trotz dieser beachtlichen Leistung und des Aufstiegs im Vorjahr trennte man sich im Sommer aufgrund von „unterschiedlichen Perspektiven“ vom Trainer Nigel Pearson. Der Trainer konnte sich vielleicht nicht mit der Idee des Clubbesitzers anfreunden, mit großen Investitionen ein Top5-Team aus Leicester zu machen.

Der Verein verpflichtet mit Claudio Ranieri einen alten Bekannten, der bereits von 2000 bis 2004 in der Premier League bei Chelsea FC tätig war. Die Mannschaft wurde nicht großartig verstärkt. Das Grundgerüst mit Schmeichel, Drinkwater, Mahrez und Vardy besteht schon seit der Zeit in der zweiten Liga. Nach dem Klassenerhalt hatte der Verein ein Transferdefizit von 40 Millionen EuroZum Vergleich die aktuell auf einem Abstiegsplatz befindlichen Newcastle United gaben knapp über 100 Millionen aus und Manchester City zahlte fast das Doppelte nur für Kevin De Bruyne. Außerdem holte sich Leicester keine Superstars, sondern investierte das Geld in durchschnittliche Spieler mit dennoch großer Erfahrung. Mit Robert Huth, Christian Fuchs, Gökhan Inler und Shinji Okazaki plante man offenbar mit einer erneuten Saison im Abstiegskampf.

Der Kader von Leicester ist, bei Betrachtung des Marktwerts, unterer Durchschnitt in der Premier League. Selbstverständlich sind Marktwerttabellen nur Schätzungen und berücksichtigen nicht alle Faktoren. Trotzdem wird Leicester City mit ihrer aktuellen Mannschaft gegen die (vermeintlichen) Übermannschaften aus Manchester, die zwei Londoner Clubs Chelsea und Arsenal, sowie Liverpool FC und voraussichtlich auch Tottenham Hotspur auf Dauer keine Chance haben. Genauso haben es auch die Buchmacher vor der Saison gesehen. Leicester City hatte bei den meisten Wettanbietern eine Quote von 5000 zu 1, anders ausgedrückt eine geschätzte Meisterwahrscheinlichkeit von 0,02 Prozent. Was einige Fans und Optimisten aber nicht davon abgehalten hat auf ihre Mannschaft zu setzten. Zwei Feuerwehrmänner setzten nur versehentlich auf die „Foxes“ und können sich vielleicht bald über 20.000 Pfund freuen.

Was zunächst nach sicherer Geldverbrennung aussah, wurde im Laufe der Saison immer wahrscheinlicher. Mit einer Mischung aus einem eingespielten Team, Kampfbereitschaft, Teamgeist und Glück im Torabschluss spielt sich Leicester City an die Spitze der Premiere League. Am 13. Spieltag sind sie zum ersten Mal Tabellenführer und seit dem 23. sind sie es ununterbrochen. Beim direkten Verfolger Arsenal können sie am 26. Spieltag 1:0 in Führung gehen. Am Ende verlieren das Spiel zwar durch einen Kopfball in der Nachspielzeit mit 2:1, aber vier Spieltage später sind sie dennoch mit fünf Punkten Vorsprung Tabellenführer. Tottenham ist Zweiter, Arsenal und Manchester City haben nur noch Außenseiterchancen. Daher sind die „Foxes“ mittlerweile statistischer Favorit auf die Meisterschaft. Goalimpact bewertet die Chancen auf den Titel mit 57%, der Soccer Power Index von ESPN sogar mit 70%.


Egal wie es am Ende ausgeht. Das Abschneiden von Leicester City ist jetzt schon ein ähnliches Wunder wie der Bundesligaufstieg von Darmstadt 98. Für die Wettanbieter könnte eine Meisterschaft jedoch teuer werden. Allein Sky Bet drohen fällige Gewinnzahlungen von knapp sieben Millionen Euro (5,25 Mio. £). Der größten Einzelgewinn würde 200.000 Pfund betragen, denn ein „Verrückter“ setzte zum Zeitpunkt der 5000/1-Quote ganze 40£. Bei Ladbrokes setzten zu diesem Zeitpunkt gleich 46 Wettfreunde auf Leicester, der Gesamtgewinn würde 1,27 Millionen Euro (1 Mio. £) betragen. Auch William Hill ist aus wirtschaftlichem Interesse gegen eine Meisterschaft von Leicester, so ein Sprecher des Unternehmens:

„For commercial reason we are not Leicester fans. Should they win the EPL we will be paying out £2 million plus.“

Einige Fans nutzen bereits die Option ihren Wettschein zu verkaufen. So machte sich ein junger Fan mit dem ungeplanten Geldsegen einen schönen Valentinstag mit seiner Freundin. Er hatte nur einen Pfund gesetzt und verkaufte den Schein für 1100£. Andere konnten der Versuchung bisher widerstehen. Nach dem 1:0 Sieg über Newcastle United am gestrigen Abend wurde Wettanbieter Ladbrokes langsam nervös und bot „Foxes“-Fan James 25.000 Pfund für seine 10£-Wette. Er lehnte ab. Glaubt man den Statistiken, ist es die richtige Entscheidung. Der Fan wird eher auf sein Herz gehört haben und wird wohl für den Rest der Saison nur noch einen Gedanken haben – „One Time, Baby!“.

Mirkchief

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